[PROJECT] SCHATTEN WERFEN KEINE SCHATTEN

Video (3D-Animation)
1920×1440 Pixel, 25fps, 4:3, 1:30min

#CGI #VFX #3D #Blender

Ich habe Lust auf Neues. Ich beschäftige mich mit einer Technik nach der anderen, um in meinem Computer Welten zu bauen. Ich manipuliere Pixel. Es hat kein Ende. Ich möchte jedes Atom in meinen virtuellen Welten einzeln stapeln. Wie viele Wellen hat das Meer? Und wie viele Sub-Wellen und Brechungen jede dieser Wellen? Ich will Echtheit. Wie viele Staubkörner brauche ich und wie sieht Staub eigentlich aus? Alles ist so sauber, alles ist so exakt.

Ich lese über Techniken, die echte Fehler virtuell reproduzieren. Nichts ist echt, bis es Fehler hat. Ich staune. Und mache ab sofort mehr Fehler in meinen virtuellen Räumen.


“It allows people to see things, which only mathematicians could see before.”

Forscher der Bell Laboratories über den ersten Grafikcomputer der Welt

Der Forscher im weißen Kittel drückt Knöpfe auf seiner Grafikmaschine – im Jahr 1968 die erste Grafikmaschine der Welt. Er sagt: “Damit wird man Dinge sehen können, die bisher nur Mathematiker sehen konnten” Und zeichnet damit ein unvorstellbares Bild in meinen Kopf – ein Bild voller Dinge, die ich nicht sehen kann. Ich staune. Genau genommen staune ich über das, was ich nicht sehen kann, aber Mathematiker*innen schon. Schon lange staune ich über Technologien, die alle sehen können, aber deren Inneres vor Komplexität unsichtbar ist – ein Geheimnis wie eine zweite Welt neben der Sichtbaren, eine Erweiterung der Wirklichkeit.

Dann wird die Maschine zum Monster der unzähligen Möglichkeiten – in den 3D Welten manage ich ihren mystischen Gehalt – trage auf, trage ab. Ich freue mich über Zufälle – wie virtuelle Lichtstrahlen von den virtuellen Oberflächen genau so virtuell reflektiert werden, dass ich ganz unvirtuell die Vision einer Welt habe, die ihre Geheimnisse vor mir versteckt. Science-Fiction Welten im Schlafzimmer. Ich glaube, ich staune weniger über die Welten die ich sehe, als über alle die, die ich nicht sehen kann.

Hintergrund

Im Jahr 2015 habe ich eine Installation aus alten Fernsehmaschinen gebaut – ein Turm aus Technik, der sein eigenes Fernsehprogramm auf professionellen Videobandmaschinen der 80er Jahre selbstständig zusammengestellt hat. Während ich mit dem Projekt sehr viel Spaß hatte, gab es doch immer noch die Bürde des physikalischen. Der Raum war die Beschränkung, der die ansonsten schon ziemlich entfesselte Technik daran hinderte zum Träumen einzuladen. 

Sechs Jahre später freue ich mich über die digitale Version dieses Projekts, die Ebenen eröffnet hat, von denen ich damals noch nicht geträumt habe. In dem Video steht der Fernsehturm in wechselnden, computeranimierten Räumen, als Zentrum in Funktion und Dramaturgie. Er zeigt Ausschnitte aus einem Film der Bell Laboratories, “The Incredible Machine” aus dem Jahr 1968, als in eben diesen Laboren der erste Computer gebaut wurde, der jemals Grafik produzieren konnte – der Beginn eines Versprechens von einer neuen visuellen Kommunikation.

In dem selben Film kommt auch eine vom Computer erstellte Musik vor – “Daisy Bell” – die für Stanley Kubrick als Inspiration für die Szene in “2001 – A Space Odyssey” gedient hat, in der die künstliche Intelligenz „HAL 9000“ im Sterben noch ein letztes Lied singt: Daisy Bell.

Und während Stanley Kubrick 1968 die Computer, die gerade erst erwachten, bereits wieder in seinen Filmen umzubringen versuchte, können heute, rund 50 Jahre später, Computer photorealistische oder naturalistische Bilder erzeugen. Der Illusion sind dabei nur noch wenige Grenzen gesetzt. Weniger die Maschine limitiert was möglich ist, mehr das Unvermögen des Menschen sich auf all die Details einzulassen, die die Realität hergibt. Gleichzeitig leben wir nach wie vor und umso mehr mit den mystischen Maschinen, die ihre Geheimnisse zu verbergen wissen. Wir staunen darüber, was die Technologie in ihrer zwielichtigen Art vor uns verborgen hält und träumen uns damals wie heute in Science-Fiction Welten hinein, die mitreißen können, weil sie das Versprechen in sich tragen einmal Wirklichkeit werden zu können.

Assets

I’m publishing some of the assets I have modelled under a CC-BY licence. You can use them in your own projects in whatever way you like. It would be nice if you could send me a short message if you used it anywhere – I’m curious to see what happens with it.

–> The assets will be available here shortly!

Credits

Dank an meine Kollegen Rudi Ortner und Michael Troll für die Hilfe beim Sounddesign. Dank an Ian Hubert für Inspiration und das Handwerk, und an Rainer Wölzl für die treffsichere und großzügige künstlerische Begleitung. Der Titel ist von dem gleichnamigen Song der Band Tocotronic geborgt, geschrieben von Dirk von Lowtzow.

The Incredible Machine
Tocotronic
Ian Hubert
Rainer Wölzl